Leseprobe Fantasy
eine fantastische Reise durch die Zeit
Diese Geschichte ist samt den in ihr verwendeten Namen
und Örtlichkeiten frei erfunden
©2017/19/20 und weiter - alle Rechte vorbehalten Sabine Heilmann
Über die Autorinnen: Sabine Heilmann lebt unweit zweier Schlösser und liebt Fantasy sowie Märchen in passender Kulisse. Kamille Somér interessierte sich schon immer für Schlösser und Burgen und hat unzählige davon besucht.
Inhalt:
1. Die Mauern der Faszination 2. Der Antrittsbesuch 3. Das Archiv 4. Das Schloss 5. Ernsthaftigkeit des Schicksals 6. Mühsame Recherchen 7. Das Gemälde 8. Der Turm 9. Gregor Gregorio 10. Die Auswirkung
11. Attila 12. Das Angebot 13. Der Streit 14. Das Abkommen 15. Anders als gedacht 16. Nirwana 17. Die Quelle 18. Endpunkt einer Reise 19. Baustelle des Lebens 20. Anstrengender Beginn 21. Alles in bester Ordnung? 22. Das Orakel 23. Eine neue Zeit bricht an 24. Schlosserei 25. Liebeswirren 26. Resümee 27. Abschied • Epilog • Anhang
1. Die Mauern der Faszination
Dieses eine Schloss faszinierte ihn bereits seit seiner Schulzeit. Unmengen an Fotos und Broschüren konsumierte er bislang, genoss sie und schrieb sie innerlich nahezu ehern fest als eine zu ihm gehörige Größe. Leider aber und zu seiner selbst empfundenen Schande begab er sich noch nie in eigener Person dorthin. Dabei wohnte er neuerdings gerade mal hundert Kilometer entfernt von dem beeindruckenden Gemäuer. Ein Katzensprung und doch, wie es ihm bis zum gestrigen Tag schien: unzugänglich!
Die Ursache dieser Unnahbarkeit war ein seltsames Gedankenmuster, welches sich in ihm über Jahre hinweg, unbemerkt zu diesem Thema ausbreitete. Die Märchen seiner Kindheit taten das Ihre dazu und so ...
Sein Vorstellungsvermögen rankte nämlich inzwischen höchst sonderbar und eigenmächtig, gleich einem unbezwingbaren Dornengeflecht vor den ehrwürdigen Mauern. Das Schloss mutete bereits an wie eine absolut uneinnehmbare Festung. Sogar der Weg zu ihm verschwand in einem mysteriösen Nebel.
Antinos Fantasie, eben unverrückbar fest verankert in jenen unzähligen Märchen und Träumen der Kindheit, in denen ein Schloss vorkam, spielte ihm nun einen Streich. Sie postulierte das Folgende eindringlich sowie vernunftbegabt: Für den Fall, dass du dorthin fährst, es dir genauer anschaust, es auch begehst und ausleuchtest, wird es für immer seinen Nimbus verlieren. Du wirst dich verlieren! Willst du das wirklich riskieren? Antino prustete vor Unbehagen und glättete unwirsch die braunen Locken in dem Versuch, den seltsamen Gedanken beizukommen, welche ihm diesen Zwiespalt bewusst machten. Nein – sagte er sich – das will ich lieber nicht übers Knie brechen, habe sowieso keine Zeit! Schließlich plagten ihn derzeit genug andere Vorhaben. Auch die Familie zerrte gerade an ihm wegen der sommerlichen Urlaubsplanung. Ein Schlossbesuch passte ihnen da gar nicht in den Kram. In dieser Nacht folgte ein Traum, dann ein Anruf. Daraufhin entwickelte sich alles anders als geplant. Es träumte Antino, der immerhin schon fünfundvierzig Jahre zählte, eine Mischung aus früher Erinnerung und Märchen. So schien es ihm jedenfalls zunächst erfassbar. Wie in etlichen Träumen zuvor stellte das Schloss ... Wie stets nach solch einem Traum erwachte Antino wie gerädert. Wie stets bekam er das Gefühl, wirklich dort gewesen zu sein - es tatsächlich erlebt zu haben. Wie so oft wollte er es nicht akzeptieren und versuchte stattdessen krampfhaft, richtig wach zu werden. Er schüttelte sich unter dem heißen Wasserstrahl der morgendlichen Dusche sogar heftigst wie ein Tier, um das nächtens Erlebte endlich loszuwerden. Diesmal wollte es ihm jedoch gar nicht gelingen.
An diesem Arbeitstag kam er nicht vollständig im Büro an ... An seinem Schreibtisch sitzend, starrte er immer wieder ins Leere – versuchte aufs Neue, jene bleierne Schwere seines Körpers und seines verhakten Denkens auszuloten. Das entpuppte sich als unnützes Unterfangen. Da fiel sein Blick auf einen, neben der Tür angebrachten Abreißkalender. Dieser zeigte Mittwoch, den 3. März an. Das dazugehörige Bild: ein Schloss. Das Schloss! In der Folge erlebte sich Antino praktisch völlig unkonzentriert und nicht mehr in der Lage, die üblichen und routinierten Aufgaben abzuarbeiten. Die Bilder seiner Träume schoben sich in einem Fort vor seine Augen und er kam sich vor wie ein Kleinkind, welches noch nicht zwischen dem unterscheiden kann, was außen und was innen ist. Seine inneren Wünsche und Strebungen bezüglich des Monumentalbaus erkämpften sich im Endeffekt die Oberhand. Da erreichte ihn der Anruf ...
3. Das Archiv
Sodann führte ihn der Assistent zum Archivar. Während sie den Hauptgang zwischen den Tischen hindurch schritten, dachte Antino an das Bild, was ihm sofort zum Hauptarchivar eingefallen war. Es ähnelte einem Bildnis aus Kindertagen, welches er oft und gerne im Lieblingsmärchenbuch angesehen hatte: Dieser sehr rundliche Mann war mit einem schwarzen Anzug und mit schwarzer Fliege auf weißem Hemd bekleidet. Er trug einen Pack Bücher unter dem Arm. Dazu besaß er einen Mittelscheitel in glatt schwarzen Haaren und seine Augen linsten fröhlich durch runde Augengläser hindurch. Ganz so, wie es eben für Kinder angebracht schien.
Nun aber war er sehr neugierig auf den echten Archivar des Schlosses! Kurz darauf erlebte sich Antino unvermittelt scharf von der Seite her angesprochen. »Aha, hier haben wir wohl den berühmten Antino Müller, Fachmann sondergleichen?« Ein recht streng wirkender, spindeldürrer, bräunlich gewandeter Mann mit dünn verblasstem Haupthaar stellte sich ihm in den Weg.
Er war einen Kopf größer als Antino, der sich mit seiner Länge von 1,86 Metern eigentlich schon recht groß fühlte ...
9. Gregor Gregorio